Wo MINT haften bleibt: 120 Minuten Anschauung, Orientierung und tesa-Forschung
22.01.2015Mit Speck fängt man Mäuse – und mit Muffins manchmal Jugendliche. Darum hat Tobias Blömker die Idee vom Muffin mit Marshmallow-Kern für jeden Hamburger Schüler erfunden. „Was ist nötig, um so ein Produkt millionenfach herzustellen?“, fragt er. Dabei ist der 34-Jährige nicht etwa Bäcker, sondern promovierter Chemiker und Laborleiter bei tesa. Die Marshmallow-Muffin-Analogie dient lediglich dazu, jungen Menschen seinen Beruf zu veranschaulichen. Die wollen wissen: „Was machen eigentlich Chemiker?“ Und vereinfacht kann man sagen: Mittels Literaturrecherche eine Grundrezeptur aufstellen, diese im Labor ausprobieren, verbessern und dokumentieren. „Man versucht, den Muffin zu verstehen“, fasst Blömker zusammen. Und ihn schließlich als Massenprodukt auf den Markt zu bringen.
Auf den Geschmack gebracht
Normalerweise hat der Laborleiter mit Naturkautschuk-Klebemassen zu tun. Um innovative Haftklebemassen auf Basis erneuerbarer Quellen zu entwickeln, arbeitet er mit Ingenieuren, Laboranten, Prozesstechnikern und Einkäufern zusammen. Aber an diesem Nachmittag sind es Chemieprofilschüler vom Charlotte-Paulsen-Gymnasium, die den tesa-Standort in Eimsbüttel besuchen. „90 Minuten MINT“ heißt das Programm, mit dem die Forscher Einblick in ihren Berufsalltag bei tesa geben wollen. In diesem Fall sind es aber zweimal 60 Minuten, in denen Blömker und seine Kollegin Anna Funk ihren Werdegang von der Schule bis zum Berufseinstieg sowie ihren Arbeitsalltag veranschaulichen.
Auf du und du mit der Forschung
„Ich will hier keine Vorlesung halten und fände es schön, wenn ihr eure Fragen direkt stellt. Ihr könnt mich auch gerne duzen, ich bin Anna“, beginnt die 30-Jährige ihre Vorstellung. Dass mit dem „Du“ klappt nicht, aber die mehrheitlich 17-Jährigen finden es super, dass Wissenschaftler auf Augenhöhe mit ihnen sprechen. „Wie man nach dem Studium in den Beruf einsteigen kann, das ist spannend“, so Oleksander. Die Elftklässler haben die schwierige Frage der Berufswahl noch vor sich. Da ist es gut, wenn Praktiker Ängste nehmen und Fragen beantworten. Etwa die, ob Ingenieure zeichnen können müssen. „Etwas räumliches Vorstellungsvermögen schadet bestimmt nicht“, sagt Funk. „Aber es geht nicht so sehr um Talent. Wenn du die Affinität zu den Inhalten hast, ist das Studium machbar.“
Tape mit Tragkraft
Die Maschinenbauerin hat nach ihrem Studium in Aachen noch über Kunststofftechnik promoviert. Seit einem Dreivierteljahr entwickelt sie nun in der tesa-Grundlagenforschung Trägerfolien für Klebebänder: Funk verteilt unterschiedliche Prototypen an die Schüler und lässt die Reißfestigkeit testen. Kion wickelt ein blaues Tape mehrmals um seine Handgelenke, verzieht die Mundwinkel und zieht mit aller Kraft – nach 30 Sekunden reißt das Band. „Da muss tesa noch mal in die Entwicklung gehen“, scherzt der 17-Jährige. Im Technikum erfährt er, wie so ein sogenanntes Strapping Tape mit Längs- und Querverstärkung im Minimaßstab zu Testzwecken produziert wird. Die Reißfestigkeit wird erreicht, indem die Molekülfäden in eine Richtung ausgerichtet werden.
Experiment geglückt, Muffin mundet
„Das war gut erklärt“, lobt Kion, „ich wusste nicht, dass es so viele Produktionsschritte sind.“ Vom Granulat im Extruder, dem Fördergerät mit einer Metallschnecke, über die Schmelze zur Walze und der abgekühlten Folie. Von der Haftklebemasse im Kneter über Lösungsmittelzusätze, beschichtete Trägermaterialien und Hitze zum Klebeband. „Das Beispiel mit dem Muffin ist gar nicht so sehr aus der Luft gegriffen“, betont Tobias Blömker am Ofen. Nur dass es viel mehr unterschiedliche Bausteine als Backzutaten gebe. „An die 200 verschiedene Klebharze und 20 verschiedene Kautschuksorten, da ist es gut, wenn auch die Einkäufer einen technischen Hintergrund haben.“ Der Austausch mit den Oberstufenschülern war auch für den Chemiker eine Premiere: „Ich fand es gut, ich würde das immer wieder machen“, sagt er vor einem schon ziemlich leergeräumten Buffet: Wraps, Obst und Muffins – es hat den Schülern auch ohne Marshmallow gemundet!