(M)integrations-Schüler besuchen Stromnetz Hamburg

03.03.2017

Kunststoffkabel schmirgeln, mit Spiritus entfetten, eine Endabschlusskappe aufschrumpfen: Schon das Glossar eines Kabelkurses hat es in sich, vor allem, wenn man erst seit 18 Monaten Deutsch lernt. Aber das hindert Ahmed nicht, sich zu melden, als Ausbildungsleiter Manfred Meyer fragt: „Wer hat Traute, wer möchte?“ Problem nur, alle anderen trauen sich auch und Ahmed muss sich hinten anstellen. Er ist einer von neun Schülern aus Internationalen Vorbereitungsklassen, die an diesem Vormittag praktische Einblicke in die Ausbildung und Arbeitsabläufe bei dem Netzbetreiber Stromnetz Hamburg bekommen sollen. Da wollen sich Meyer und sein Team nicht lumpen lassen und stellen Kabel, Brenner und Warmschrumpfkappen bereit: „Wir möchten, dass ihr mal so ein Kabel wasserdicht macht“, so die Aufgabenstellung.

Immer locker aus dem Handgelenk

Wenn das Kabel in die feuchte Hamburger Erde kommen soll, verwenden die Stromnetz Techniker zusätzlich Kleber: „Nichts ist schlimmer in der Elektrotechnik als Wasser“, betont Meyer. Ahmed schmirgelt, spült mit Spiritus und entscheidet sich dann für die Kappe mit Kleber: „Die braucht aber ein bisschen mehr Wärme“, so der Ausbildungsleiter. Der 18-Jährige hält die Flamme dicht an die Kappe, das Material fängt an einer Stelle an zu räuchern: „Lieber zehn Zentimeter zurück und immer schön aus dem Handgelenk, die Wärme muss überall hinkommen“, rät der Profi. Als sich die Kappe wie eine zweite Haut um das Kabel gelegt hat, wärmt Ahmed noch einmal nach, bis der Kleber austritt: „Jetzt ist es sauber und dicht, da müssen wir uns überhaupt keine Sorgen machen“, lobt Meyer.

Wasserdicht und lichterloh

Im Lichte der Erkenntnis

Ahmeds Zwillingsschwester Brwj hat Hände und das von ihr bearbeitete Kabelstück bereits gesäubert, jetzt zeigt sie es ihrem Bruder. „Das ist eigentlich nicht mein Ding“, erklärt die junge Kurdin lachend. Aber es sei trotzdem toll, dabei zu sein und alles auszuprobieren: „Ich möchte mehr wissen über so viele Sachen“, so die Schülerin der Stadtteilschule am Hafen. Mehr lernen, alles selbst mal ausprobieren, neue Erkenntnisse gewinnen, das gilt für alle Teilnehmer, die sich für das Projekt (M)integration angemeldet haben. Es will MINT*-affine Zuwanderer und technisch ausgerichtete Unternehmen zusammenbringen. „Ich habe jetzt verstanden“, sagt Xiaotang begeistert, als Elektrotechniker Thorsten Michels im Hochspannungsprüffeld extra für die Schüler ein paar Experimente mit Lichtbögen und Oberflächenentladung zeigt.

Momente der Spannung

Man kann die Spannung sogar riechen und hören. Etwa als der Elekrotechniker eine Einschubplatte zwischen zwei Kontakte legt: Erst knistert es nur laut, als der Transformator die Spannung hochfährt, dann tritt Strom aus der Spitze aus und bahnt sich einen Weg über die Oberfläche – Blitze schießen über die Platte und es riecht brenzlig. „Ozon ist entstanden“, erklärt Michels. Xiaotang weiß auch wieso, der Sauerstoff der Atmosphäre wird aufgespalten, wenn Energie zugeführt wird. Das tun die Schüler beim Besuch der Stromnetz Kantine abschließend noch in eigener Sache. Aber nicht, ohne sich bei Margot Niemann, Projektleiterin für Schulkooperationen für die vielen Eindrücke an vier Stationen zu bedanken: „Das hat mir gut gefallen, die Experimente mit den Lichtbögen waren toll“, lobt Karina. Bisher hat die Polin wenig Neigung verspürt, sich näher mit der Physik zu befassen. „Aber so etwas wie heute habe ich auch noch nie gesehen.“ Vielleicht der Beginn einer wunderbaren Freundschaft…

 MINT*: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik

Wasserdicht und lichterloh

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