Vom Treffen der Visionäre: Seminarfach am Gymnasium Osterbek
16.09.2015Eine Messe macht Sinn: Sie dient der Weiterbildung, sie ermöglicht Austausch und schafft Sichtbarkeit. „Über einen eigenen Auftritt wird es auch einfacher, Investoren zu finden“, glaubt Till. Damit sind sich die Physikprofilschüler am Gymnasium Osterbek einig: Der Kongress für Digitalisierung „solutions.hamburg“ war ein voller Erfolg. Hoffentlich für die Veranstalter, Aussteller und Teilnehmer. Auf jeden Fall für 24 Oberstufenschüler, die teilweise gleich zweimal vor Ort waren – einen Tag als Pflicht, den zweiten zur Kür – sich Fachvorträge anhörten, Visionen von morgen diskutierten, mit Studierenden redeten. „Am Freitag auf der Abschlussparty gab es mehr Gelegenheiten, ins Gespräch zu kommen. Einige waren schon erstaunt, dass 15-Jährige den Kongress besuchen“, erzählt Alex.
Expertise und Engagement
Bennett ist 15, „noch“, wie er betont, aber auf dem Kongress habe das keine Rolle gespielt: „Das sind alles offene und freundliche Leute, wir wurden ernst genommen.“ An diesem Schultag sind sowieso alle 24 Schüler gleichermaßen Experten: Im Seminarfach sammeln sie die Themen, die sie auf dem Kongress besucht haben, ordnen sich Expertengruppen zu und fassen die technologischen Entwicklungen zusammen. „Wie lautet die Vision“, ist die Leitfrage, die Tom Jakobi aufgibt. Er ist PGW-Lehrer (Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) in dem Physikprofil und hat die Schüler schon zwei Stunden lang über die Identitätstheorie Rousseaus unterrichtet, dann an seinen Kollegen Martin Busch aus der Physik übergeben und nun sitzen beide zusammen im Seminar. Eine Doppelbesetzung im Seminarfach ist das Luxus?
Sinn und Seminar
„Das Seminar dient dazu, in aktuelle Forschungsthemen und wissenschaftliches Arbeiten einzuführen, es soll Fächer verbinden und fächerübergreifend arbeiten, da macht es Sinn, dass wir das gemeinsam unterrichten“, sagt Busch, der in Physik promoviert hat und vor kurzem in den Schuldienst gewechselt ist. „So ein kompletter Tag in unserer Hand, gibt uns die Flexibilität, auch mal außerschulische Veranstaltungen zu besuchen“, ergänzt Jakobi. Genau dafür, das Fächerverbindende und Außerschulische, ist die Profiloberstufe einmal angetreten. Im Gymnasium Osterbek lebt sie: Wenn die „grüne Expertengruppe“ referiert über Ideen von Cloud und „Smartport“, wo Ladevorgänge, Fahrzeiten und Auslastungen miteinander vernetzt und jederzeit und für jedermann verfügbar sind – und Felix dann die Schreckensvision aus dem Eggers-Roman „The Circle“ hervorholt, wo alle Internetdienste komplett zentralisiert werden.
Transparenz und Totalitarismus
„Ich liebe es, wenn Themen so weit tragen“, schwärmt Tom Jakobi, der dann gleich noch einmal die Brücke zu Rousseau und den Staatstheorien vom Vormittag schlägt. Die Exkursion über Datenschutz, Staatsmacht und die Möglichkeit zum Missbrauch hat zwar Zeit gekostet, nicht alle Expertengruppen können noch in dieser Seminarsitzung zu Wort kommen und auch die große Runde über E-Mobility und die Thesen der Konferenzvisionäre muss vertagt werden. Aber genau darum gehe es doch: „Fächerübergreifend für die Zukunft lernen“, so Jakobi. Und das haben die Schüler in jedem Fall getan und dabei noch Praktiker, Softwareentwickler und digitale Stadtplaner kennengelernt. „Können wir im nächsten Jahr wieder teilnehmen“, fragt Alex. Dann könnte man die Themen weiter verfolgen und rechtzeitig den Besuch planen. „Das wäre toll!“