Uni mit Aussicht: Viertes Wissenschaftliches Speed-Dating an der HCU
12.09.2014Es funkt gleich beim ersten Date. Michael Büker hat sich aber auch redlich Mühe gegeben. Hat Geschichten mitgebracht, Popcorn und viele bunte Folien. Die sind im lichtgefluteten Holcim-Auditorium im Neubau der HafenCity Universität (HCU) mit Blick auf Elbe und Hafen zwar nicht einfach zu lesen, aber was ist schon Powerpoint, wenn der Mann da vorne auf dem Podium alles gibt: „Dann steigt die Spannung beinahe ins Unermessliche“, so Büker in bester Sportmoderator-Manier. „Wir sehen einen Bump über dem berechneten Wechselwirkungsquerschnitt, fünf Sigma-Signifikanz beim Atlas-Experiment, fünf Sigma-Signifikanz bei CMS. Ich mein', die Leute sind einfach völlig aus dem Häuschen, alle flippen total aus, damit hat keiner gerechnet."
Physiker sind komische Leute – bisweilen
Die Zuhörer lachen. Es sind rund 230 naturwissenschaftlich interessierte Oberstufenschüler, viele stehen kurz vor dem Abitur. Zum Vierten Wissenschaftlichen Speed-Dating sind sie in HCU gekommen, wo sich neben der Gastgeberhochschule vier weitere naturwissenschaftlich-technisch orientierte Hamburger Hochschulen in Form von Studiengängen, Wissenschaftlern und Forscherfragen präsentieren. Das erste Date mit Physiker Büker ist zum Warmwerden. Ein Treffer: „Ein Stand-up-Comedian der Physik, das war super rübergebracht“, lobt Marcel den Science-Slammer, der auf dem DESY-Campus arbeitet. Nicht nur, weil dieser den 4. Juli 2012, den Tag der Entdeckung des Higgs-Teilchens spannend wie ein Fußballereignis moderiert hat. Sondern anschließend auch komplexe Begriffe der Teilchenphysik anschaulich erklärt.
Fragen stellen, Horizont erweitern
Marcel ist mit seinem gesamten Physikprofil vom Gymnasium Süderelbe angereist. „Wir waren alle dafür, heute hierher zu fahren“, so der 18-Jährige. Um Informationen zu bekommen. Chancen zu nutzen. Fragen zu stellen. Christina möchte den Tag nutzen, um eine Idee davon zu bekommen, was man mit Physik so alles machen kann. Marcel hat eine zentrale Frage für sich schon beantwortet. „Ich werde Antrieb und Fahrzeugbau studieren, am liebsten dual oder an der HAW.“ Aber es schade ja nicht, sich für eine Zweit- oder Drittwahl inspirieren zu lassen, meint der Abiturient. Etwa mit dem Thema „Tumore finden und behandeln“, das die Initiative NAT seiner Gruppe zugespielt hat. Dategeber ist Professor Alexander Schlaefer, der schon im dritten Stock der HCU auf die „Moldau“ wartet – passend zum Hochschulambiente sind alle Teams nach Hamburger Hafenbecken benannt.
Gold am dunklen Rand
Der Leiter des Instituts für Medizintechnische Systeme an der TUHH zeigt anhand vieler Beispiele, wie mit Robotertechnik Tumore genauer bestrahlt oder herausgeschnitten werden können. Drei winzige Goldkugeln an den Rand des Tumors gespritzt helfen beispielsweise, den Tumor selbst bei Atembewegungen genau zu lokalisieren und unter „Beschuss“ zu halten. Wie das geht? Der 16-jährige Jelle weiß es: „Gold hat eine sehr hohe Dichte und ist im Unterschied zum Tumor im Röntgengerät sofort sichtbar.“ Der Hansa-Gymnasiast findet gerade solche Feinheiten aus der Praxis interessant: „Man nimmt überall etwas mit und erweitert seinen Horizont“, lobt er die Idee hinter dem Speed-Dating.
Der Mensch hinter der Wissenschaft
Beim zweiten Date trifft die Gruppe Moldau auf HCU-Doktorand Thomas Willemsen. „Ich mag es gern gemütlich, also ich bin Thomas und hoffe, wir können uns duzen“, begrüßt der Vermessungsingenieur die Schüler und hat gleich eine Menge Tipps parat. „So früh wie möglich fachbezogen arbeiten und unbedingt Auslandsprojekte nutzen“, lautet das Motto, das durch sein Leben führt. Bei so viel Erfahrung bleibt am Ende nur wenig Zeit für das Thema seiner Doktorarbeit „Indoornavigation mittels Smartphonetechnologie“. Der Ingenieur untersucht, wie Smartphone-Sensoren in Gebäuden ohne GPS genutzt werden können. Jelle will es genauer wissen: „Wir haben noch ein wenig geplaudert“, erzählt der 16-Jährige in der anschließenden Mittagspause. So durfte er lernen, dass das Nobelkaufhaus Alsterhaus schon eine ähnliche Technologie anbietet. „Es ist interessant, die Leute hinter neuen technologischen Entwicklungen kennenzulernen.“
Mehr wissen, besser entscheiden
Auch bei Marcel sind noch Fragen offen geblieben: „Wie weit wird die Technologie für die Auswertung persönlicher Daten genutzt?“ Der Physikprofilschüler und Mitschülerin Christina haben die Pause verwendet, um die weiteren, nun frei wählbaren Dates abzustimmen. Eines mehr für die Schule: „Effizient Energie speichern“ von Christopher Stapelfeldt, Chemiker der Universität Hamburg. Eines mehr für die Freizeit: „Lautsprecher in der Medientechnik“ von HAW-Professorin Eva Wilk. „Mein Bruder macht Musik, ich die Technik“, erklärt Marcel die Wahl. Für weitere Anregungen können Christina, Marcel und Jelle die Seite mintstudium.de aufrufen: hochschulüber- und ergreifend, hofft NAT.