mint:pink erforscht die medizinischen Folgen der Schwerelosigkeit

18.04.2017

Apfelsinenpause auf 350 Kilometer Höhe, einmal pellen und genießen, die Schale verglüht später im All: „Astronauten haben einen Jieper auf Frisches“, betont Götz Anspach von Broecker im Besucherzentrum von „Airbus Defence and Space“ in Bremen. Hier ist der Ingenieur normalerweise für Partnerschaften im Forschungs- und Entwicklungsbereich zuständig. Aber dieser Tag ist nicht normal: Sechs Top-Anwärterinnen für den Job als erste deutsche Astronautin stellen sich den Fragen der Presse – und ausgewählter Schülerinnen. Es sind ehemalige mint:pink Teilnehmerinnen unterschiedlicher Schulen und Klassenstufen, aber das Interesse an Medizin und Technik eint: Ein halbes Jahr Schwerelosigkeit, ein halbes Jahr Leben auf engstem Raum – was macht das mit einem Menschen und seinem Körper. Das ist hier die Frage.

Höhenluft macht fade

Dass Schwerelosigkeit die Geschmacksnerven verändert, wissen die Mädchen aus eigener Erfahrung: Tomatensaft mit ordentlich Salz und Pfeffer ist über den Wolken ein Renner, während er auf der Erde eher ein Schattendasein führt. Das hängt mit dem niedrigeren Luftdruck zusammen, der den Geschmack von Salz, Zucker oder Kräutern schwäche. Astronautennahrung müsse daher komplett überwürzt werden, so der Ingenieur. „Wie aber genau die Zusammenwirkungen sind – wir wissen es noch nicht!“ Eine interessante Forschungsaufgabe findet Harriet. Die Sophie-Barat-Schülerin würde dafür untersuchen, wie Geschmackszellen auf der Erde funktionieren. „Und dann im nächsten Schritt vergleichen, was sich im Weltall verändert haben könnte.“

Überlebenswichtig

Kein Sport wäre Mord

Die 15-Jährige hat da schon eine Theorie: „Wasser wird im Weltall zur schwebenden Kugel, könnte doch sein, dass die Geschmackszellen die Trägerstoffe in den Lebensmitteln dann überhaupt nicht mehr aufnehmen können.“ Der Forschergeist ist aber nicht nur bei diesem Thema auf den Geschmack gekommen, auch die Wirkung der Schwerelosigkeit auf Muskeln und Knochenbau beschäftigt die Mädchen: Wenn schon nach zwei Wochen im All die Knochen an Osteoporose leiden, wie soll das erst nach sechs Monaten sein? „Oder verläuft der Abbau immer langsamer“, fragt Harriet. Der Ingenieur ist kein Arzt und vielleicht sei das auch noch gar nicht erforscht, meint er: „Es gibt noch so viel zu erforschen.“ Sicher ist ohne täglichen Sport im All, wäre der Wiedereintritt in die Atmosphäre für die Astronauten kaum zu meistern – ihr Körper wäre zu geschwächt.

Ein weites Feld

Forschung in der Schwerelosigkeit wird die Zukunft der Medizin entscheidend prägen, davon sind die Mädchen am Ende ihres Rundganges überzeugt. Und sie wollen an dem Thema dranbleiben: Am 21. April lernen sie im Universitätskrankenhaus Eppendorf das kalifornische Projekt „Heart in Space“ kennen. Es untersucht Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf das Herzgefäßsystem von Astronauten, um dem Infarkt auf der Erde besser vorzubeugen. Was die Mädchen in einer Live-Schalte mit Professorin Sonja Schrepfer dann hautnah erleben: Wissenschaft überwindet Grenzen. Das lehrt auch der Blick aus dem All auf die Erde, so von Broeker. Die Astronauten berichteten von einem fragilen Schmierfilm aus Luft, Wasser und Erde, auf den wir leben und den es zu bewahren gelte. „Deswegen vertragen die sich da oben ganz gut und verstehen nicht, warum wir uns hier unten über die Krim zanken oder eine Mauer nach Mexiko bauen.“ Mehr Frieden schaffen durch mehr Raumfahrt – das wäre auch eine schöne mint:pink Mission.