Reif für Olympia: Sankt-Ansgar-Schülerin vertritt Deutschland bei der Physik-WM
18.03.2015Das Rennen um Olympia hat gerade erst begonnen, da hat Hamburg schon eine Teilnehmerin: Die Sankt-Ansgar-Schülerin Dominika Stronczek bildet zusammen mit drei weiteren Schülerinnen und einem Schüler aus Süddeutschland so etwas wie eine Nachwuchsolympiamannschaft im Fach Physik. Bis zur Austragung wird allerdings nicht mehr um Orte und Sponsoren gerungen, sondern nur noch um Inhalte. Schließlich findet der Wettbewerb unter dem Kürzel IYPT, lang „International Young Physicists‘ Tournament“, auch schon im Juni statt. Austragungsort ist Nakhon Ratchasima, eine Großstadt im Nordosten Thailands.
Fulltime Physik
Bis zum Abflug hat Dominika volles Programm: vormittags bis nachmittags Schule, dann Experimente in der Sankt-Ansgar-Schule, abends Internetrecherche und Fachlektüre. „Wenn ich vor 18:00 Uhr aus der Schule raus bin, habe ich das Gefühl, dass irgendetwas falsch läuft“, sagt die 17-Jährige. Einen Schlüssel für das Schulgebäude hat sie noch nicht, aber selbst der Hausmeister in Sankt-Ansgar hat ein Herz für den Nachwuchs und bereitwillig in den Ferien aufgeschlossen. Da musste sich die Elftklässlerin auf den zweiten Auswahltermin zur Physikolympiade vorbereiten und eine eigene Fragestellung in Angriff nehmen: „Wenn man Zuckerwasser auf Salzwasser schichtet, bilden sich Finger, die durch die Salzlösung nach unten sickern“, so Dominika. Aber wie passiert das genau, wovon hängt es ab und wie kann man das Phänomen in einem wissenschaftlichen Modell beschreiben?
Grenzen sprengen
Dominika hat noch keine endgültigen Antworten gefunden. Das ist auch gar nicht möglich. Was so als simpler Haushaltsversuch daherkommt, ist eine echte Forschungsaufgabe, irgendwo angesiedelt zwischen Physik, Chemie und Fluidmechanik. „Das geht in Richtung Grenzschichten und chaotische Systeme – und weit über das hinaus, was Schüler sonst bearbeiten“, sagt Ulrich Bobinger. Der Physiklehrer betreut zusammen mit seinem Kollegen Martin Biebl den GYPT-Stützpunkt Hamburg an der Sankt-Ansgar-Schule. Zu Beginn eines Schuljahres treffen sich hier einmal wöchentlich Physikinteressierte unterschiedlicher Schulen wie Stufen und bearbeiten in Kleingruppen eine von siebzehn Aufgaben aus der Physik, die das olympische Komitee vorgibt.
Teamgeist zählt
Nach den Weihnachtsferien werden die Treffen häufiger. Dann stehen die nationalen Auswahltermine zur Physikolympiade vor der Tür, das German Young Physicists' Tournament, kurz GYPT. Dominika hat es für sich entschieden, aber nicht alleine, wie sie betont. „Da waren mehrere dabei, die in der Gruppe gebastelt, gelötet, gefeilt und mit geforscht haben.“ Präsentieren kann aber immer nur ein Teammitglied, möglichst eines mit guten Englischkenntnissen, so wie Dominika. „Ich wollte die Herausforderung, weit weg von allem, was ich bisher gemacht habe.“ Bisher hat die Sankt-Ansgar-Schülerin mit polnischen Wurzeln ein Auslandsjahr in den USA hinter sich – das war schon einmal eine gute Grundlage für den internationalen Wettbewerb.
Wie neugeboren
In den USA entdeckte Dominika ihre Leidenschaft für die Biologie und entschied sich nach ihrer Rückkehr für das Bio-Chemieprofil. Zum Bedauern von Martin Biebl, der sie gerne im Physikprofil gesehen hätte und in den GYPT-Stützpunkt einlud. Dominika kam, entdeckte aufregende Fragestellungen und blieb. Mit den Projekten „drehender Seifenfilm“ und „Schichtung von Salz- und Zuckerwasser“ hat die Schülerin schon zwei Fragestellungen, um die sie sich intensiv kümmert und für die sie auch den Austausch mit Hochschulen und Unternehmen sucht. Während ihre süddeutschen Kollegen andere der insgesamt 17 Problemstellungen bearbeiten. Aber damit eine Mannschaft entsteht, müssen sich alle intensiv austauschen und gegenseitig voranbringen. „Ich werde mir wohl eine BahnCard 50 zulegen und dann öfter mal nach Ulm fahren“, sagt Dominika. Auch wenn ihre Freunde jetzt schon nicht verstehen, warum sie so viel Zeit in der Schule verbringt. „Ich nehme ihnen das nicht übel. Ich verstehe ja selbst kaum, was da gerade passiert in meinem Leben.“
Der GYPT-Stützpunkt Hamburg an der Sankt-Ansgar-Schule, Bürgerweide 33, 20535 Hamburg, steht interessierten Schülerinnen und Schülern ab Klasse 10 offen. Mit dem Leiter Martin Biebl können Sie hier Kontakt aufnehmen. Die Gruppe trifft sich mittwochs von 14-17 Uhr, zusätzlich freitags nach Absprache. Unterstützer des Hamburger Standorts sind die Wilhelm und Else Heraeus-Stiftung, die Deutsche Physikalische Gesellschaft, die Universität Hamburg, der Förderverein der Sankt-Ansgar-Schule und die Initiative NAT.