mint:pink meistert LINK-Workshop für die OP-Assistenz
16.05.2017Auf die Verpackung kommt es bekanntlich an. Das gilt auf jeden Fall, wenn ein Produkt hundertprozentig rein sein muss, bevor es verwendet werden darf. Nathalia blickt durch eine Sicherheitsscheibe auf Menschen mit weißen Handschuhen, Kitteln und Hauben. Das Szenario erinnert an einen Operationssaal, es ist aber erst einmal nur der Reinraum, in dem künstliche Gelenke für eine zukünftige Operation verpackt werden: „Da ist nichts drin, was da nicht hineingehört, die Luft wird kontinuierlich gefiltert, die Mitarbeiter haben neutrale, gereinigte Kleidung an“, erklärt Hauke Helden, Customer Relationship Manager bei der Firma Link, die in Norderstedt ein Werk für Endoprothesen betreibt. Jedes Produkt werde zweimal luftdicht verpackt und einschließlich der Kartons, Aufkleber und Dokumentation zum Sterilisieren verschickt. Nathalia staunt: „So viele Schritte, die alle hundertprozentig sein müssen, das ist beeindruckend.“ Die Sankt-Ansgar-Schülerin besucht das Werk im Rahmen des Mädchen-Mutmach-Programms mint:pink.
Aus dem Alltag einer Entwicklungsingenieurin
Die Sterilisation erfolgt extern, weil mit der Radioaktivität hohe Auflagen verbunden sind. „Die Sterilisation ist eine eigene Kernkompetenz“, sagt Silka Grimske. Die junge Entwicklungsingenieurin begleitet die Neuntklässlerinnen durch den Tag. Ihre eigene Kernkompetenz sind Knie und zwar gerade die schwierigen Fälle: Revisionsimplantate für Patienten, die schon mal ein anderes Implantat hatten oder einen besonders großen Defekt, etwa durch eine Krebserkrankung haben. Dabei zeichnen Grimske und ihre Kollegin Leonie Butenschön nicht einfach nur Modelle, sondern müssen Vorschriften einhalten, den gesamten Produktionsprozess, einschließlich der Verpackung, mitbedenken, Anträge stellen, Belastungstest durchführen – und vor allem gut zusammenarbeiten: „Wir brauchen ganz verschiedene Menschen, damit so ein Produkt entwickelt und am Ende auch zugelassen wird. Das ist abwechslungsreich, verlangt viel Organisation und ist nah am Menschen“, betont Grimske.
Aus dem OP-Werkzeugkoffer
Die Medizintechnikerin versteht sich als Dienstleisterin am Kunden. Das sind zum einen die Patienten, die „möglichst wenig Loch“ im Knie haben wollen. Zum anderen die Ärzte, die sich leicht bedienbare Instrumente wünschen. „Wir entwickeln immer Implantate und Instrumente zusammen.“ Manchmal soll aber auch nur ein Werkzeugkoffer verbessert werden. „Gerade haben wir ein neues Instrumentarium für das Modell Rotations- und Scharnierknie entwickelt“, sagt Grimske. Und genau das dürfen die Mädchen wie in einem Workshop für die OP-Assistenz testen. Nathalia, Suzanna und Laura entscheiden sich für die Kastenfräse, einen Bohrer für die quaderförmige Verbindung zum Oberschenkel, und lassen sich dabei von Intuition und Verstand leiten. „Top heißt oben“, befindet Nathalia und dreht ein Gewinde um. Wenig später halten die Mädchen einen Bohrer in der Hand, der glatt, smart, fast harmlos wirkt. „Das ist scharf genug“, betont Grimske. Der Knochen werde damit durch seine besondere Konsistenz und die Rotation in der Schablone in Form gebracht.
Aus der Praxis
Wie das in der Praxis geht, zeigen die Ingenieurinnen sowohl in einer blutleeren Animation, als auch in einer kurzen Sequenz aus einer echten OP. Letzteres nur für Freiwillige – Daria ist ganz vorne mit dabei: „Im Vorwege habe ich gar nicht verstanden, was die hier alles machen, aber jetzt könnte ich mir gut vorstellen, hier zu arbeiten.“ Nicht nur den Workshop fand die 15-Jährige dabei aufregend, sondern auch die Präzision, mit der die Prothesen erst geschliffen, dann stundenlang in Plastikkügelchen, und schließlich in Nussschalen vermischt mit Diamantenpulver poliert werden. Suzanna hat sich ein paar Plastikkügelchen zur Erinnerung eingesteckt, Anna hätte gern ein wenig von dem Diamantenpulver mitgenommen, aber in der Mischung war das bisschen Staub in der Hand dann doch nicht viel wert. Und die besten Erinnerungen hat man ja sowieso im Kopf: „Das war richtig rund“, lobt Daria den mint:pink Programmtag.