Open NAT: Neunte Lehrertagung zeigt sich offen für eine Zukunft in Veränderung

30.10.2019

Im Veranstaltungsforum der Körber-Stiftung im „Fleetraum 2.3“ steigt die Temperatur: Gerade hat das Display noch unter 25 Grad angezeigt, schon meldet es fast 26 Grad. Vierstellig sind die Ziffern – und ihre Type viel zu klein, findet Harald Meyer-Soenke. Der Physiklehrer vom Gymnasium Bondenwald hat zunächst Temperatursensor und Display an einen Controller angeschlossen. Im zweiten Schritt hat er mit einzelnen Puzzleteilen auf einer visuellen Programmieroberfläche programmiert, dass sich der Controller dauerhaft mit dem Wlan-Netz verbindet, aber die Temperatur so oft wie möglich gemessen wird. Das klappt rasant: „Was hat der Sensor für eine Abtastrate?“, fragt Meyer-Soenke. „Das sind ungefähr zehn Messungen in einer Sekunde“, antwortet Thomas Bartoschek.

Open Source is King

Der promovierte Geoinformatiker der Universität Münster ist an diesem Nachmittag mit einem vollgepackten Technikkoffer und in besonderer Mission nach Hamburg gereist: MINT-Lehrern die von ihm mitentwickelte „Sense-Box“ näherzubringen. Der „Experimentierkasten mit Sinn“, wie der Projektleiter betont, kann etwa Klimawerte, Luftqualität oder das Verkehrsaufkommen messen, lokal speichern, aber die Daten auch ins Netz stellen und mit anderen Messungen vergleichen. „Offenheit ist ein Kernaspekt des Projektes“, sagt Bartoschek. Das gelte für die Hardware, die Software, die Daten: „Alles ist Open Source, die Daten gehören der Menschheit.“ Um sie zu erheben und zu analysieren, benötige man keine Programmierkenntnisse: „Wir entfalten hier komplett die Blackbox und können jeden Sensor sehen, in die Hand nehmen und recherchieren, wie der Algorithmus dahinter funktioniert.“ 

Open NAT

Zukunft ist der rote Faden

Das ist eine Anspielung auf die Diskussion, mit der die neunte NAT-Tagung eröffnet wurde. „Zukunft ist der rote Faden, um den es geht“, hatte Julia André, Programmleiterin der gastgebenden Körber-Stiftung betont, bevor sie drei Gesprächsteilnehmer begrüßte. Darunter Susanne Strauß-Klick, Informatikerin bei der Lufthansa-Technik: „Wie müssen hinterfragen und Kompetenzen entwickeln, um notfalls die Kiste zu öffnen. Wir dürfen nicht einfach blind vertrauen.“ Als Schlüsselkompetenzen für morgen nannten die drei Gesprächspartner Zuhören, Machen und Hinterfragen. „Knowledge speaks, but wisdom listens“, zitierte TU-Hochschuldidaktiker Axel Dürkop den Gitarristen Jimi Hendrix, während Strauß-Klick das gemeinsame Ausprobieren betonte. Physikstudent Jonas Rückmann gab zu bedenken, dass digitale Medien nicht an sich einen besseren Unterricht machten: „Hilft mir das, besser zu verstehen?“, so die Kernfrage, die Konsequenzen fordert: „Weglassen, was keinen Mehrwert bietet.“

„Run first“ oder „Loop forever“, das ist hier die Frage

Das ist ein gutes Motto für die anschließende Workshoprunde: Lehrer legen selbst Hand an, bauen und programmieren. Harald Meyer-Söhnke hat geschafft, die Schriftgröße im Display hochzustellen und sich ab 27 Grad „Hitzefrei“ anzeigen zu lassen. Kurz den Daumen auf den Sensor gelegt und schon liegt der Wert darüber – der Geophysiker bewahrt dennoch einen kühlen Kopf. Er würde gerne mit dem Programm seismische Daten erfassen lassen, geht das? „Ja, da ist ein Beschleunigungssensor dabei. Damit haben wir schon die Fahrpläne der Warschauer U-Bahn in Wohnhäusern nachweisen können“, erzählt Bartoschek. Und wenn er auch andere analoge Signalgeber anschließen möchte, fragt Meyer-Söhnke. Bis fünf Volt kein Problem. Bartoschek bietet sogar an, für einen seismischen Sensor noch neue Blöcke zu programmieren, wenn ein paar mehr Schulen mitmachten. Offen ist eben nicht nur die Zukunft. Die NAT-Referenten sind es auch.

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