Mut zum technischen Experiment: Dritter Hamburger Krause-Cup
28.04.2013Schön, stolz und starrköpfig zieht „Black Swan“ seine Kreise. Auf der 50 Meter langen Rennstrecke im Schlepptank der HSVA, der Hamburgischen Schiffbau‐Versuchsanstalt, will der Schwarze Schwan partout nicht stur geradeaus schwimmen. Die Pirouetten gehen auf Kosten der Performance, aber Schöpferin Arine strahlt dennoch, als sie ihr Werk am Ende der Bahn aus dem Wasser fischt. „Ich bin ja so froh, dass er überhaupt schwimmt“, sagt die Physikprofilschülerin der Stadtteilschule Barmbek. Beim ersten Test an diesem Vormittag hatte es noch nicht danach ausgesehen, weil Motor und Ruder nicht richtig befestigt waren. Und wie in dem gleichnamigen Film hatte „Black Swan“ Schweiß und Tränen gekostet – ganz ohne Ballettröckchen.
Nicht nur eine Frage der Dichte
Baut ein Modellboot aus Depron-Dämmplatten, maximal 600 Millimeter lang, von einem einzigen Motor angetrieben und mit einer Ladekapazität von drei vollen Getränkedosen à 0,33 Liter, lautete die Aufgabenstellung für die Teilnehmer des Krause-Cups. Das mag einfach klingen, ist es aber nicht: „Es ist eben nicht selbstverständlich, dass alles schwimmt und dazu noch manövriertüchtig ist“, sagt Christian Thieme. Der Entwicklungsingenieur von Blohm + Voss begleitet den Wettbewerb schon im dritten Jahr und hat ihn auch inhaltlich geprägt, zusammen mit Jörn Krönert, Physiklehrer an der Oberstufe der Stadtteilschule Barmbek, die damals noch Emil-Krause-Gymnasium hieß. Seit letztem Jahr nehmen auch die Physikprofilschüler des Gymnasiums Hamm an dem Wettbewerb teil.
Macht einfach Laune
„Es macht einfach Spaß, ein Modell zu fahren, das man selbst gebaut hat“, sagt Abdullah. Der Schüler aus Hamm hat gerade den Geschwindigkeitsparcours hinter sich. „Drei Minuten, neun Sekunden, das ist schlecht“, urteilt der 19-Jährige. „Ohne die Dosen war das Boot richtig schnell, aber so habe ich den Schwerpunkt falsch berechnet.“ Abdullah zuckt die Schultern, hebt „Deep Blue“ hoch und geht mit dem Modell weiter zum nächsten Bereich, dem Wendigkeitsparcours. Hier manövriert gerade Michael sein Modell, das er vorsichtshalber „Enttäuschung“ getauft hat, punktgenau durch die Tore: „Das läuft richtig rund, sinkt kaum ein und lässt sich sehr gut steuern“, notiert Claus Heimann anerkennend. Der Abteilungsleiter Mittelstufe des Gymnasiums Hamm ist einer der sieben Juroren des Krause-Cups. Darunter sind auch Vertreter der TUHH und der HSVA.
Mit Schülern, Charme und Chance
Im Vergleich zu anderen Wettbewerben sei der Krause-Cup noch ein echter Schülerwettbewerb und keiner, der unter Eltern und professionellen Designern ausgetragen werde, findet Heimann. Aber etwas mehr Professionalität dürfe schon sein, mahnt der Kunstlehrer: „Ob ein Boot tatsächlich vorwärts und rückwärts fährt, sollten die Teilnehmer im Vorwege prüfen.“ Dafür ist der Krause-Cup aber auch ergebnisoffen und bis zuletzt spannend: Oliver jedenfalls mag es kaum glauben, als er am Ende den glänzenden Cup in den Händen hält. „Ich kann das gerade nicht erklären“, sagt der 21-Jährige von der Stadtteilschule Barmbek.
Überraschung statt „Enttäuschung“
Das übernimmt Schiffbauingenieur Thieme: „Das Modell hat einen hohen Rumpf, aber das spielt keine Rolle, wir haben ja hier keinen Wind. Wichtig sind Stabilität, Antrieb und saubere Ausarbeitung: Er hat beide Rennen gut gemacht und damit in der Addition die höchsten Punkte. Glückwünsch, Oliver!“ Aber auch Arine holt sich eine Auszeichnung in der Sonderkategorie „Art Work“, bei Michael sind es sogar drei Urkunden. Pouria vom Gymnasium Hamm hat das schnellste Boot gebaut, sein Profilkollege Vladimir das Wendigste: „Ich bin leidenschaftlicher Bastler. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.“
Gegen den Strom
Spaß und Spannung, sagt Christian Thieme, der außer der Reihe mit einem eigenen, höchst eigenwilligen Modell mitgefahren ist: eine Waschpfanne, wie sie Goldsucher verwenden. „Das Modell ist hydrodynamisch nicht geeignet, das Schnellste zu sein, aber es war mein Ziel, das zum Funktionieren zu bringen und das hat gut geklappt.“ Der Schiffbauingenieur freut sich, wenn Schüler wie Arine durch Kunstfertigkeit und den Blick über den Tellerrand überzeugen: „Einfach mal andere Wege gehen, mit den Formen spielen, etwa einen Würfel zum Schwimmen zu bringen, dazu möchten wir auch motivieren.“
Den Würfel hat Emil-Krause-Schüler Markus angefertigt: im Grunde nichts weiter als eine Box um die drei Cola Dosen herum. „Ich wollte etwas bauen, was nicht jeder hat.“ Das ist zwar gelungen, aber dafür ließ sich die „Bat Box“ so gut wie nicht steuern. „Ich werde es das nächste Mal größer bauen.“ Ja, gibt es denn ein nächstes Mal für die Abiturienten? „Wir dürfen als Ehrengäste am vierten Krause-Cup teilnehmen.“ Dann wissen die Wiederholungstäter auf jeden Fall, dass sie ihre Zeit besser managen und Proberunden einplanen müssen. „Das ist ein sehr nachhaltiger Wettbewerb“, sagt Thomas Kross, Techniklehrer am Gymnasium Hamm.