Mit Hall-Effekt: gelungener Tag in der Jungheinrich-Ausbildungswerkstatt
25.11.2014Es spukt im Oszilloskop: Knallgelbe und hellblaue Schlangenlinien wabern über den Bildschirm, in sich verschlungen und dann wieder entgegengesetzt. „Eine Sinuskurve sieht anders aus“, konstatiert Barbara. Die Schülerin des Norderstedter Coppernicus-Gymnasiums dreht an Knöpfen, ihre Tischnachbarin Caroline an einer Drehwinkelscheibe, die sie über ein Messgerät geklebt hat. Es ist ein Drehwinkelsensor, der etwa Fahrtrichtungsänderungen eines Gabelstaplers erfassen kann: Willkommen in der Ausbildungswerkstatt der Jungheinrich AG! Im Elektrobereich haben an diesem Nachmittag Oberstufenschüler Platz genommen. „Experimente zum Hall-Effekt bei Jungheinrich“ steht auf ihrem Zettel, ein Verlaufsdiagramm mit blauen und gelben Kurven auf den Bildschirmen.
Versetzte Spannung
Das gilt auch für das Oszilloskop auf dem Arbeitstisch von Barbara und Caroline. Man muss es nur sichtbar machen: Jungheinrich-Ausbilder Thomas Kroll geht mit den Schülerinnen noch einmal die einzelnen Aufgabenschritte durch, Anschlüsse, Spannungsversorgung, Multimeter. „Super, das habt ihr alles gemacht“, lobt Kroll und blickt dann auf den Leuchtschirm mit den wabernden Schlangenlinien: „Wisst ihr, was man hier am Oszilloskop einstellt?“ Die Mädchen können mit dem Begriff Braunsche Röhre zwar etwas anfangen, aber so ganz sind „Oszis“ Funktionsweisen nicht klar. „Es geht um die Spannung, die ich pro Raster darstellen kann, da steht jetzt 200 Millivolt pro Abteilung“, konstatiert Kroll und setzt die Spannung herunter: Die Empfindlichkeit wird größer, auf dem Bildschirm erscheinen blaue und gelbe Sinuskurven, zeitlich versetzt, wenn auch noch reichlich kantig. „Wenn ihr den Sensor gleichmäßig dreht, wird der Sinus deutlicher.“
Wie „Fly by wire“
Das Phänomen der zeitlich versetzten Spannungen begleitet die Coppernicus-Schüler durch alle Experimente um zwei Gabelstapler-Sensoren an diesem Tag. „In dem Sensor sind zwei Hall-Platten leicht versetzt eingebaut und wenn man den Sensor bewegt, wird erst die eine, dann die andere Platte aktiviert“, erklärt Alina. Wozu das gut sein soll? Die 15-Jährige zuckt mit den Schultern. „Das erfahren wir bestimmt noch, bisher haben wir in der Schule nur theoretisch gearbeitet“, gibt sich ihr Teamkollege Lasse optimistisch. Einen Arbeitsplatz weiter hat Finn schon eine Idee: „Zu jedem Drehwinkel gehört nur ein ganz bestimmtes Paar an Werten, damit kann man auf die Position rückschließen.“ Thomas Kroll nickt: „Vielleicht kennt ihr den Begriff Fly by wire, Fliegen per Kabel, aus der Flugzeugindustrie. Bei uns bedeutet das, es gibt keine mechanische Verbindung mehr vom Lenkrad zu den Rädern.“
Richtig schön rund
Der praktische Effekt dank Hall: Die Gabelstapler können noch kleiner und flexibler gebaut werden – und die Schüler bekommen die technische Anwendung eines physikalischen Effekts in einer freundlichen, bestens ausgestatteten Werkstatt präsentiert: „In der Schule haben wir ein, maximal zwei Oszilloskope und viel älteren Datums“, sagt Physiklehrerin Traude Heißenberg. Bei so viel Komfort vergeht die Zeit wie im Fluge, die Schüler müssen aufräumen: „Das war gut, vielleicht einen Hauch zu kurz, wenn man schon mal in einem Elektroniklabor ist, könnte man doch noch andere Sachen damit verbinden“, meint Finn. Aber wer weiß, was im nächsten Semester so auf dem Programm steht: „Vielleicht Metallumformungen, aber so weit im Voraus plane ich das nicht“, sagt Logistik-Ingenieurin Barbara Möbius, die bei Jungheinrich die Kooperation betreut. Vor zehn Tagen ist sie mit den Schülern bis nach Duisburg ins Stahlwerk gefahren. „Wir wollen eine Kooperation, die mit all ihren Aktionen und Anwendungen richtig schön rund ist.“