MINT neu gedacht: Schüler-Klimakongress verbindet Wissenschaft und Gesellschaft
13.09.2019Gerade mal 30 Minuten Zeit für „das leichteste Element im Periodensystem und die Energiewende“, das wird nicht leicht! Zumal es doch viel mehr zu sagen gibt über das farblose Gas, das den Anfang von allem macht und nicht nur als sekundärer Energieträger taugt: „Wasserstoff wird auch direkt in der chemischen Industrie genutzt, haben Sie eine Idee wofür?“ Michael Fröba ist Chemieprofessor an der Universität Hamburg, engagiert in der Wasserstoffgesellschaft und ein gefragter Experte, etwa wenn im Hamburger Hafen der größte Elektrolyseur der Welt entsteht. Aber an diesem Vormittag zeigt er seine Charts, gespickt mit Zahlen und Formeln nicht Studierenden, sondern Oberstufenschülern, die sich an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften HAW Hamburg für den Klimakongress kk19 angemeldet haben. Wie viel Vorwissen darf der Professor da voraussetzen?
Ein alter Hut
„In der organischen Chemie“, beantwortet ein junger Zuhörer die Frage. Fröba nickt, das stimmt schon mal. „Beim Haber-Bosch-Verfahren“, meint ein anderer. „Ja, wunderbar,“ der Chemiker strahlt. „Genau richtig!“ Flott wirft der Professor eine weitere Folie an die Wand. Sie zeigt die Nutzung von Wasserstoff in vielen verschiedenen Prozessen, von der Synthese von Kraftstoffen bis zur Herstellung von Ammoniak. Die Botschaft dahinter: Die Technik ist altbekannt, beherrschbar und skalierbar – und damit ein wichtiger Player, um die strombasierte Energiewende zu bewerkstelligen. „Es ist eine Frage des Willens“, sagt Fröba. Was der Professor in seiner Zusammenfassung und bei der anschließenden Beantwortung der Schülerfragen auch deutlich macht: 1. „Ja, es wird Veränderungen für uns geben.“ 2. Aber wenn wir diese nicht vornehmen, werden deutlich höhere Kosten auf uns zukommen. 3. Die Technologien werden sich ergänzen: Batterie für Kurzstrecke, Brennstoffzelle für die Langstrecke, Schwertransporte, aber auch Großspeicher.
Ein grüner Faden
Gemeinsam voranschreiten, keine Technologie und keine Wissenschaft ausschließen, das ist der rote Faden, der sich durch den vierten Klimakongress zieht. Und das hat auch mit dem Kürzel MINT zu tun, für das sich ein Großteil der Teilnehmer in der Oberstufe entschieden hat, wie Monika Bessenrodt-Weberpals, Vizepräsidentin der gastgebenden HAW in ihrer Blitzumfrage feststellt: „Es ist ja gerade in unser aller Interesse in den Naturwissenschaften, dass wir Lösungen, die wir erarbeiten, auch gemeinsam umsetzen können.“ Zu groß sei die Aufgabe, den Planeten mit seinen endlichen Ressourcen auch für zukünftige Generationen zu sichern, um so weiterzumachen wie bisher, meint die Physikerin: „Themen müssen zusammengedacht und dürfen nicht länger isoliert betrachtet werden.“
Ein zweites MINT
Die zukünftige Generation sitzt in der gut gefüllten Aula der HAW vor der Professorin. In der ersten Reihe trägt sie knallig orangefarbene T-Shirts: Es sind die Jugendlichen vom kk19-Vorbereitungsteam, die Wissenschaftler anmoderieren, Fragenrunden einleiten und auch selbst auf der Bühne stehen. Lilli und Kaja etwa im Gespräch mit Umweltsenator Jens Kerstan. „Was, würden Sie persönlich sagen, muss Hamburg noch tun, um die Klimaziele zu erreichen?“, will Kaja wissen. „Oha, wie viel Zeit habt ihr?“, kontert der Senator und verweist auf einen Klimaplan für Hamburg bis Ende des Jahres, „wo jeder einzelne Bereich sagt, was er in den nächsten Jahren tun will.“ Jede Behörde, aber eben auch jede Wissenschaft und jeder Hamburger ist gefragt, wenn es um einen Beitrag zum Klimaschutz geht. Der Klimakongress an den Standorten HCU und HAW prägt damit auch eine zweite Lesart für das Kürzel MINT: Mut, Interdisziplinarität, Neugier und nach wie vor Technik!