Schülerfirma am Gymnasium Süderelbe startet ins Weihnachtsgeschäft
20.11.2015Auf der Pirsch hätte dieser Hirsch tatsächlich keine Chance, viel zu knallig sind Fell und Geweih in Korallenrot, zumal ihm auch noch Teile der Hinterbeine fehlen. Aber als Schmuckstück am Weihnachtsbaum ist er auf jeden Fall ein Hingucker, dann natürlich vollständig: „Beim Druck ist alles heil herausgekommen, die Beine waren einfach zu grazil“, betont Immo. Der 15-jährige besucht die zehnte Klasse im Gymnasium Süderelbe. Einerseits. Andererseits ist Immo Abteilungsleiter und verantwortet das Marketing für die Schülerfirma „Printhreed“. Wenn man die Worte ein wenig auseinanderzieht, entsteht daraus print three d – 3D Druck. Und das fasst die Geschäftsidee der zwölf jungen Gründer schon ziemlich genau zusammen. „Wir haben erst mal eine Marktforschung an unserer Schule gestartet. Jeder sollte seinen 3D-Wunsch aufschreiben. Es waren unglaublich viele Tiere dabei“, so der Marketingleiter.
Printed in Geduld
Das klingt locker und professionell zugleich, aber vom zweidimensionalen Tierpotpourri zum dreidimensionalen Druck war es dann doch ein Stück Arbeit. Als erstes muss am Rechner ein 3D-Programm gefüllt werden, erklärt Immo: Wie lang sind die einzelnen Linien, wo wird ein Kreis in welcher Höhe aufgebaut, beispielsweise. Ein Programm namens Makerbot gibt eine Art Vorschau und man kann Fehlausdrucke schon im Vorfeld erkennen. Ist alles okay, wählt man die Dicke des Strahls und die Farbe – und druckt möglichst über Nacht. „Es dauert schon, selbst wenn alles reibungslos läuft“, sagt Immo. „Außerdem kann man nur eine Farbe gleichzeitig drucken.“ Das ist der Punkt, wo aus dem Marketingleiter wieder ein Schüler wird, denn seine Lehrerin mischt sich ein: „Bei uns ist das bisher so“, betont Ulrike Vogt. „Aber wir haben das auch schon anders gesehen.“
Trillerpfeifen und Handyhüllen selbst gedruckt
Zu Anfang ihrer Gründung haben sich die Schüler nämlich bei der Firma „Copynet auf einem Geschäftstreffen inspirieren lassen“, so die Physiklehrerin. „Das war total cool, die haben sich richtig Zeit für uns genommen“, fängt Immo den Ball auf und schlüpft dann wieder in die Rolle des Marketingleiters. „Wenn man die Farbe tauschen will, müsste man den Drucker stoppen und dann werden die Schnittstellen ungenau.“ Immo nimmt den Hirsch und streicht über die feinen Rillen: Erst werde eine kleine Plattform aufgebaut, dann von unten nach oben das Modell, das von innen hohl bleibt: „Sonst wäre es ja eine unglaubliche Plastikverschwendung“, sagt der 15-Jährige und spricht von einem „Bienenwabenkonzept“, nach dem „Printhreed“ arbeite. Damit haben die Zehntklässler auch schon eine Trillerpfeife hergestellt, mit einer freibeweglichen Kugel im Innern – in einem einzigen Druckvorgang. Wie das geht, wird aber nicht verraten: „Das ist Betriebsgeheimnis.“ Was übrigens auch noch für die individuelle Preisgestaltung gilt.
Wie geschmolzener Käse
Um ihre Kenntnisse im 3D-Druck zu verfeinern, werden alle „Printhreed“ Mitarbeiter von einem Studenten im Rahmen von robotik@TUHH* unterrichtet. Aus Harburg kommt auch die Hardware als Leihgabe. „Der 3D-Druckerkurs findet in der neunten und zehnten Unterrichtsstunde statt“, erzählt Lina, die in Immos Marketingteam arbeitet. Ein zusätzlicher Zeitaufwand neben dem Schulalltag und den Firmentreffen, der sich aber lohne: „Wann hat man schon die Chance, sich kreativ auszuleben und gleichzeitig auch noch fürs Leben zu lernen?“ Etwa zum Thema Teamarbeit oder Aktien: Die Süderebler nehmen am bundesweiten Mentoringprogramm Junior für Schülerfirmen teil. Daher müssen sie nun auch noch Anteilscheine verkaufen. Aber natürlich auch möglichst bald, Produktideen festlegen, vermarkten und produzieren. Ein faszinierendes Schauspiel, wenn aus einer Spule aufgerollten Plastiks ein graziler Hirsch wird. „Wie geschmolzener Käse würde ich sagen“, so Immo.
*Seit 2003 bietet die TUHH gemeinsam mit NORDMETALL unter dem Namen robotik@TUHH Robotik- und Technikkurse für Schülerinnen und Schüler an. http://dual.tuhh.de/robotikkurse