Kurz vor der Verdichtung: Schülerwissen kältetechniktauglich
28.02.2012Kooperation zwischen Gymnasium Lohbrügge und Pfannenberg auf Wachstumskurs: Zwei S2-Physikprofile besuchen das Unternehmen am Standort Allermöhe
Feintuning zum Porsche
Mehr als den VW Golf hat Peter Starp schon. Aber der Entwicklungsleiter für Klimaprodukte am Unternehmen Pfannenberg will unbedingt den Porsche: „Wir sind für alles frei, was das Gerät besser machen kann, da haben wir überhaupt keine Einschränkungen“, sagt Starp und zeigt auf einen schwarzen Schaltschrank. Die fehlende Rückwand gibt den Blick frei auf Lammellen, Lüfter und Isolierungen. Es ist ein Musterexemplar eines neu entwickelten Kühlgerätes, das Starp Oberstufenschülern vom Gymnasium Lohbrügge (Gyloh) präsentiert und die Autoanalogie bezieht sich ausschließlich auf das Design. „Es fehlt noch das Feintunig zum perfekten Porsche. Wie könnte man das aerodynamischer machen?“
Alles in Eigenproduktion
Überhaupt sucht der Thermotechniker den Vergleich mit der Automobilwelt. Beim Unternehmensrundgang hatte Starp den Produktionsprozess im Schnelldurchlauf erklärt. Drei Stunden dauere es bis aus den ersten gefertigten Blechen ein fertig verpacktes Kühlgerät entstehe: „Wenn man überlegt, dass ein Auto schneller gebaut wird, mag das lang erscheinen.“ Allerdings gibt der Ingenieur zu bedenken, dass in der Automobilproduktion viel mehr vorkonfektioniert werde als in dem mittelständischen Betrieb für elektrische Schaltanlagen: „Wir bauen das Armaturenbrett hier komplett selber.“
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Das klingt nicht nur ein wenig stolz, das ist auch so gemeint: Seit zwölf Jahren beschäftigt sich Peter Starp mit dem Thema Kühlgeräteeffizienz und findet es immer noch spannend. Ein wenig möchte er den Schülern von seiner Begeisterung weitergeben. „Sharing Competence“, lautet das Unternehmensmotto, wie Geschäftsführer Andreas Pfannenberg erläutert. „Das bedeutet auch, wir wollen den Jugendlichen etwas mitgeben auf dem Weg zum Erwachsenwerden.“ Die Chance, Einblicke in ein Unternehmen zu bekommen beispielsweise und dort auf einen Ingenieur zu treffen, der begeistert von seinem Beruf erzählt und den man auch mal per Mail kontaktieren kann: „Ich habe im letzten Jahr an die dreißig Anfragen aus den Projektgruppen bekommen, sehr gute Fragen, das hat richtig Spaß gemacht“, ermuntert Starp die Schüler.
Ein Herz für Luftmoleküle
Der Ingenieur bietet zudem an, in die Schule zu kommen: „Dann kann man das noch etwas verdichten.“ Verdichten, verflüssigen, entspannen, das sind die Stationen im Kältekreislauf, das wissen die Schüler schon. In den nächsten Wochen sollen sie sich Gedanken über die Energieeffizienz im Kühlgerät machen: Wie kann ich mit weniger Strom konstant 35 Grad im Schaltschrank halten, lautet die zentrale Fragestellung. Um sie zu beantworten, bekommen die Schüler Messdaten an die Hand und den Kühlungsprozess so anschaulich wie möglich vermittelt. „Wie fühle ich mich denn als Luftteilchen in so einem Prozess, von einem Lüfter zu Tode geschleudert, durch den Wärmetauscher gehäckselt und dann oben wieder herausgeschleudert?“, fragt Starp stellvertretend für alle Luftmoleküle. Für noch mehr Konkretisierung will der Ingenieur der Schule das Mustergerät zur Verfügung stellen.
Undurchschaubares Gitter
Es ist schon der dritte Durchgang für die Kooperation zwischen Gymnasium und Elektrotechnikspezialist - und auf Wachstumskurs: In diesem Jahr gibt es zwei Physikprofile, die nacheinander das Unternehmen in Allermöhe besuchen. Für die Elftklässler ist vieles neu: die Kühlgerätetechnik und die Fertigung, das kalorimetrische Messtechnik und der Kälteprozess. „Na, ja, das Log(p)-h-Diagramm hatten wir schon in der Schule besprochen“, sagt Jesko. Zum Glück. Für Uneingeweihte ist das Gitter aus Kurven und Linien kaum zu durchschauen. Für Kältetechniker ist es die Grundlage, um unterschiedliche Kältemittel zu vergleichen und jeweils den Kreislauf dazustellen.
Kälteprozess als Grafik
Können die Schüler jetzt die Daten aus dem Schaubild Kälteprozess in das Diagramm übertragen? Jesko greift beherzt zu Stift und Lineal und zeichnet eine Linie für den Verdampfungsdruck und eine für den Verflüssigungsdruck in das Diagramm. „Vorsicht“, warnt Ingenieur Andreas Berberich im Pfannenberg Besprechungsraum, „das ist eine logarithmische Darstellung und keine lineare.“ Jesko muss seine Linie an der senkrechten Achse des Diagramms etwas höher ansetzen. Dann werden die Punkte Verdichtungsanfang und -ende, Verflüssigung, Unterkühlung sowie Entspannung aus den Leistungsdaten eingetragen und miteinander verbunden. Es entsteht ein Trapez, eine Grafik vom Kälteprozess.
Sparsam aber schnittig
Wie kommt die Senkrechte zustande, will der Ingenieur wissen. „Die Temperatur bleibt gleich, aber der Druck fällt“, erklärt Basti. Bingo. Gibt es auch schon Ideen, wie mehr Kälteleistung gewonnen werden kann, fragt Berberich weiter: „Man könnte die Effizienz des Kältemittels verbessern“, schlägt Jesko vor. Der 17jährige hat sich schon einige Notizen und Gedanken gemacht: „Das ist ein komplizierter Prozess und für den Anfang etwas unübersichtlich“, findet er. Aber durchaus spannend und vielseitig. Vielleicht gibt es ja tatsächlich Lösungsvorschläge, wie aus dem verlässlichen, sparsamen Gerät schnittiges Modelldesign entstehen kann. Ein schwarzer Kältekraftprotz so schick wie ein Porsche.