Digitalisierung in Technik, Gesellschaft, Schule – die achte NAT-Tagung
23.03.2018Die Welt ist im Wandel begriffen und das lässt auch eine Lehrertagung nicht kalt: Zukunftstechnologien sind anstelle von altbewährten Anwendungen getreten, Start-ups anstelle von Konzernen und Informatiker haben das Wort, wo sonst Physiker oder Ingenieure Zeichen gesetzt haben: „Wir sind in einem Transformationsprozess begriffen, der die Art und Weise, wie wir arbeiten deutlich verändert“, sagt Professor Tilo Böhmann. Der stellvertretende Leiter des Fachbereichs Informatik an der Universität Hamburg versteht sich als Grenzgänger. IT, Management und Beratung sind die Welten, die er verbindet, die Lehre gehört auch dazu. Als Impulsgeber ist Böhmann auf die achte Lehrertagung der Initiative NAT gekommen und hat auch ein paar Folien mitgebracht. Zwei davon will der Wirtschaftsinformatiker mindestens zeigen.
Die Kultivierung des Experiments
Die erste zeigt die Zeit vor der digitalen Transformation in Form eines roten Pfeils. „Unser Weltbild war linear geprägt, wir haben Sicherheiten gehabt, geplant, Zukunft geschrieben und sind schrittweise dahin gegangen.“ Auf der zweiten Folie ist aus dem Pfeil ein Kreis geworden: „Digitalisierung führt massiv zu Unsicherheiten, daher müssen wir iterativer arbeiten, schrittweise Möglichkeiten, Chancen und Risiken ausloten“, so Böhmann. Digitalunternehmen wie Bing oder Amazon arbeiten heute schon nach diesem Verfahren: Sie verändern täglich Kleinigkeiten, um auszuloten, welche Reaktionen es darauf gibt und ziehen Schlussfolgerungen für den nächsten Schritt. Ein experimentelles Vorgehen in interdisziplinären Teams, das sich auch für die Schule eignen könnte, findet Moderatorin Julia André von der Körber-Stiftung.
Das Who‘s who der MINT-Bildung
Die Körber-Stiftung ist zum achten Mal Gastgeber der NAT-Tagung, es sind Lehrkräfte unter den Teilnehmern, die schon im Jahre 2008 dabei waren und, wie in der Vergangenheit auch, wollen alle die Möglichkeit zur Vernetzung und zum Austausch nutzen. „Hier trifft sich das Who‘s who des MINT-Unterrichts“, sagt anerkennend Benjamin Ehlers von der Stadtteilschule am Hafen. Genau diese Expertise ist gefragt, wenn es darum geht, zukünftige Generationen auf das Leben und Arbeiten in einer digitalisierten Welt vorzubereiten, ist Sabine Fernau überzeugt. Die NAT-Geschäftsführerin hat sich für die Veranstaltung auch von modernen, partizipativen Veranstaltungsformaten wie „Barcamps“ überzeugen lassen und Zukunftstechnologen aus Wissenschaft und Wirtschaft zu den NAT Expertenrunden eingeladen. „Ich bin ja doch eher begeistert von der Technik“, so die NAT Geschäftsführerin.
Im lernenden System zuhause
Im elften Jahr will sich die Initiative stärker öffnen für die „Mathematik des 21. Jahrhunderts“, die Informatik, und die Souveränität der Lehrer bei den neuen Themen stärken. Im lernenden System sind die Pädagogen per se zuhause. „Ich bin auch der Meinung, dass jeder Schüler lernen sollte zu programmieren, aber auch die Themen Datenschutz und Filterblase sind enorm wichtig“, sagt Physiklehrerin Ulrike Vogt mit Bezug auf die Eröffnungsvorträge: Böhmann hatte gefordert, die Programmierung verbindlich in den Unterricht zu holen, während Stefan Ullrich, promovierter Informatiker und Philosoph, es konservativer halten möchte: „Lesekompetenz ist auch für die Informatik zentral.“ Der Forscher vom „Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft“ sieht die Digitalisierung für die Wirtschaft eher skeptisch, aber für die Bildung viele Chancen – interaktiver, kreativer, analytischer Art. So oder so haben wir nicht die Wahl, meint Julia André: „Die Digitalisierung ist kein Schnupfen, sie bleibt.“