Kann David Goliath einpacken? Informatikprofil macht Verbesserungsvorschläge zur Verpackungssystematik

06.07.2010

Was ist denn das für eine Klasse, möchte die freundliche Mitarbeiterin am Empfang wissen. Einer „zierlichen Lehrerin und riesengroßen Jungs“ hat sie die Tür aufgehalten - und dabei wohl die weiblichen Kursteilnehmerinnen und ihren Lehrer schlichtweg übersehen. 17 Schüler und 4 Schülerinnen aus dem Rahlstedter Profilkurs „Technik im Fokus“ sind zu Gast bei dem IT-Anbieter PSI Logistics am Standort Tonndorf, begleitet von ihrem Informatiklehrer Gerd Püttjer und der Mathematiklehrerin Julia Lingel.

David gegen Goliath

Die großen Jungs und Mädchen haben in den letzten Wochen vor den Sommerferien noch einmal ganz klein angefangen. „Wir haben uns eine Holzbaukiste im Spielzeugmarkt gekauft und uns mit Hilfe der Bausteine Gedanken gemacht“, erzählt Fabian. Darüber, wie man ein Paket am besten packt: „Fängt man zuerst mit den kleinen oder den größten Teilen an, packt man erst mal in die Höhe oder lieber in die Breite?“ Fragen, die sich zwar simpel anhören, sich im Zuge des Projektes aber als sehr komplex erweisen. Vor allem, wenn es keine hundertprozentige Lösung gibt. „Ich hatte zeitweise so ein Gefühl von David gegen Goliath“, erzählt der 17jährige Lars. „Es gab einen ziemlichen Durchhänger.“

Kann David Goliath einpacken? Informatikprofil macht Verbesserungsvorschläge zur Verpackungssystematik
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Nachhaltigkeit ist das A und O

Logisch, dass die Aufgabe aus dem Hause PSI Logistics nicht einfach ist. Heerscharen von Informatikern und Logistikern hat sie schon beschäftigt: Gesucht wird ein Verfahren zur optimalen Befüllung einer Transportbox. Ziel dabei ist es, das Restvolumen in der Box so gering wie möglich zu halten. „Nachhaltigkeit ist ein ganz großes Thema in der Logistik“, sagt PSI Logistics Geschäftsführer Wolfgang Albrecht. Bei steigenden Herstellungskosten und relativ konstanten Verbraucherpreisen, bleibe für die Logistikkette nicht viel Spielraum übrig.

Das Letzte herausholen

Daher gehe es den Logistikern immer um die Frage „Wie kriege ich noch das Letzte aus dem Prozess heraus“, erklärt Albrecht. Für die Prozessoptimierung beschäftigt die Branche die PSI-Ingenieure, die in Kooperation mit dem Gymnasium Rahlstedt einen Aspekt ihrer Aufgabenstellung an die Profilschüler weitergeben. Eigentlich sollen diese in Gruppenarbeit einen Packungsalgorithmus entwickeln und gegen die Lösungen der Kursteilnehmer antreten lassen. Aber das erweist sich in der Umsetzung als zu komplex.

Präsentation vor den Profis

„Zum Programmieren sind die Schüler so gut wie gar nicht gekommen“, erklärt Kursleiter Gerd Püttjer. Dafür haben sie sich Gedanken gemacht und präsentieren diese nun am vorletzten Schultag vor dem PSI-Geschäftsführer und seinem Leiter für Produktentwicklung, Martin Töpfer. „Die Noten sind geschrieben, aber hier habt ihr nun einmal Gelegenheit, eure Ideen vor gestandenen Praktikern zu präsentieren. Nutzt diese Chance“, leitet Püttjer die Präsentationsrunde ein. Geschäftsführer Albrecht legt noch einen Motivationsanreiz drauf: „Die Gewinnergruppe bekommt von uns 200 Euro für Theaterkarten ihrer Wahl.“

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In alle Richtungen denken

Kultur kann Technik beflügeln, aber so viel Antrieb scheint gar nicht nötig. Alle fünf Schülergruppen sind gut vorbereitet, präsentieren konzentriert ihre Lösungen mit Hilfe von Powerpoint-Folien und stellen sich den Fragen der Jury. Auch Schwächen werden angesprochen. Etwa wenn im Fall der dritten Gruppe das System „erfolgreich gepackt“ meldete, als gerade mal zwei Pakete, das größte und das kleinste verpackt waren. Das Problem: Das System deckte nicht alle möglichen Drehkombinationen der Pakete ab. Daher gingen Lars, Kevin, Jan und Fabian noch einmal in Klausur, ließen sich von Amazon und den Bauklötzen inspirieren und feilten an den Formeln.

Harte Nuss zu knacken

„Wir müssen jedes Mal so tun, als sei der Restraum eine neue Box, diese berechnen und immer weiter verschachteln“, so die Gruppenlösung, die Fabian in eine Formel übersetzt. Das Volumen der Box wird in Breite, Tiefe und Höhe unterteilt und nach jedem verpackten Gegenstand neu berechnet. Erst wenn keine Pakete in der Breite mehr hineinpassen, stapelt das System weiter in die Tiefe, schließlich in die Höhe. Aber auch damit sei keine lückenlose Verpackung gesichert, weiß Lars und zeigt sich unzufrieden: „Wir haben mit Bauklötzchen gespielt und damit nur an der Oberfläche gekratzt. Man hat keine Chance auf eine Lösung.“

Mehr als eine richtige Lösung

Das sehen die Praktiker anders. „Wie Eure Präsentationen deutlich machen, gibt es eine sehr unterschiedliche Auswahl von Lösungen, die funktionieren“, so Martin Töpfer. Bei der Leistungsfähigkeit von Softwaresystemen seien auch Schnelligkeit und Bedienbarkeit gefragt. „Ein einfacher Algorithmus kann manchmal besser sein.“ Auch wenn dabei stets ein Restraum übrig bleibe: „Wenn ihr eine Befüllung von 80 Prozent sicher stellen könnt, reicht das.“ Mathematiklehrerin Julia Lingel will gerade diesen Lerneffekt in den Schulalltag mitnehmen: „Es gibt nicht die perfekte Lösung und dennoch viele Möglichkeiten der Optimierung.“

Schwere Entscheidung

An denen haben die fünf Gruppen alle gut gearbeitet und funktionsfähige Lösungen präsentiert, lobt Wolfgang Albrecht. „Ich bin zudem davon angetan, wie sicher und souverän ihr eure Ideen vorgetragen habt.“ Aber schließlich muss sich die Jury aus Ingenieuren und Lehrern doch für eine Siegergruppe entscheiden und votiert für die dritte Gruppe. „Euer Algorithmus ist am weitesten ausgeklügelt“, begründet der PSI-Geschäftsführer. Welches Theaterstück sie anschauen werden, wollen Kevin, Jan, Lars und Fabian nach den Ferien beschließen. Auf jeden Fall muss der Stoff packend sein.

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