Gib Gummi: Albrecht-Thaer-Gymnasiasten erkunden ContiTech Luftfedersysteme
11.11.2014Es sieht aus wie Kaugummi, es knallt und klebt auch so, aber es riecht anders. Intensiver und unangenehmer. „Es stinkt“, murmelt ein Schüler. Andere halten sich die Nase zu. „Ja, der Geruch ist immer das erste, was in der Gummiproduktion auffällt“, sagt Olaf Philipp. Der Standortleiter der ContiTech Luftfedersysteme in Harburg hat Oberstufenschüler vom Albrecht-Thaer-Gymnasium (ATh) zu einem Produktionsrundgang eingeladen. Und der beginnt im Gummiwalzwerk: Naturkautschuk wird erhitzt, mit Chemikalien verknetet und landet dann als 250 Kilo-Klumpen ein Stockwerk tiefer auf einer Walze. Es knallt, wenn die unförmige Masse in Windeseile von riesigen Maschinen breitgewalzt und dabei Luftblasen plattgemacht werden – wie Kaugummikauen vor dem Mikrofon.
Im großen Stil
Einen Raum weiter wird das Material durch ein weißes Trennmittel gezogen und zum Trocknen über Stangen gehängt: „Ist das jetzt in Einzelteile geschnitten oder ist alles noch aus einem Stück?“, will Nicole wissen. Ein Blick von einer Eisentreppe hinunter beantwortet die Frage: Wie einen grauen, endlosen Teppich schieben die Stangen das Material von einem Ventilator zum nächsten. Ist das nun schon Gummi? „Erst müssen noch Alterungsschutzmittel, Vulkanisationsmittel, Weichmacher, Öle und mehr dazukommen, bevor daraus ein Autoreifen werden kann“, erklärt Produktionsmeister Falkenhof, der durch die Anlage führt. Eindrucksvoll finden das die Schüler, auch wenn Geräusche und Gerüche gewöhnungsbedürftig sind. „Ich gehe nach der Schule in Richtung Chemie“, sagt Tolga. Aber vielleicht nicht unbedingt in die Produktion. „Ich würde gerne einmal in die Forschung und Entwicklung hineinschauen.“
Kraftprotz aus Gummi und Metall
Chemie und Physik sind im ATh die profilgebenden Fächer, die Schüler können in der Abiturprüfung zwischen beiden wählen. Da passt die Exkursion ins Conti-Werk super, findet Physiklehrer Eike Damm. Gerade hat er mit den Schülern das Thema Schwingungen durchgenommen – und das schwingt bei den ContiTech Luftfedersystemen auf jeden Fall mit. Durch den Prozess der Vulkanisation wird aus dem plastischen Material Gummi, so fest, dass daraus im Verbund mit Metallteilen Federn werden, die 150 Kilonewton tragen können. Olaf Philipp zeigt Rohlinge, die dem Gummi seine Form geben, Maschinen, die Gummi und Metall durch Hitze zu einer Konusfeder verbinden und ein Messgerät zur Überprüfung der Steifigkeit – bei jeder einzelnen Feder.
Zwischen Theorie und Praxis
„Alle Artikel werden hundertprozentig vermessen. Das ist eine Forderung der Schienenfahrzeugindustrie, wenn es um Personenbeförderung geht“, erklärt Philipp. Die Formel dafür haben die Schüler schon parat, jetzt bleibt noch die Frage, warum die Gummi-Metall-Feder die Schwingungen besser abfedert als eine reine Metallfeder: „Ich hätte erwartet, dass wir Metallfedern sehen“, gesteht Nicole. Aber die hätten lediglich eine lineare Charakteristik, während die Gummifeder progressiv und damit verstellbar sei, erklärt der Standortleiter den Unterschied. „Das greifen wir noch einmal im Unterricht auf“, verspricht Physiklehrer Damm.
Karrieretreibstoff Technik
Das Pendel schwingt aus der Praxis wieder in den Unterricht zurück – bis in die Berufswahl der Schüler. „Ich nehme auf jeden Fall mit, dass es viele Berufe gibt, die man mit Naturwissenschaften machen kann“, sagt Nicole am Ende der Führung. Darauf hat Maschinenbauingenieur Philipp mehrmals hingewiesen: „Das technische Verständnis brauchen wir in allen Abteilungen, egal ob Einkauf, Verkauf oder Marketing.“ Ganz zu schweigen von der Entwicklungsabteilung, in die Tolga noch einen Blick werfen darf. Aktenordner, Schreibtische, Rechner – sauber, ordentlich und geruchsneutral, aber lange nicht so eindrucksvoll wie der Besuch in der Produktion. „Das war richtig interessant“, findet Nicole.