Exo-Modelle und druckbare Elektronik: HSU präsentiert sich
05.02.2014Beweglicher als ein Kran, schneller und viel präziser als ein Mensch: Kuka, der orangefarbene Industrieroboter, beschleunigt von Null auf Hundert und wirbelt mühelos um seine sechs Achsen im Laboratorium Fertigungstechnik der Helmut-Schmidt-Universität (HSU). Was wird damit gefertigt, will Alexander wissen und zeigt auf die Metallspitze am Ende des Roboterarms. „In dem Fall erst mal nichts. Das stammt aus einem Laborversuch, wo die Studenten eine Bahn planen und programmieren sollten“, erklärt Diplom-Ingenieur Robert Weidner. Aber an diesem Vormittag sind es keine Studenten, die versuchen, mit Kukas Spitze Korken zu kicken, sondern Oberstufenschüler vom Lise-Meitner-Gymnasium.
Grad der Freiheit, Gebiete der Forschung
In Kleingruppen erkunden 13 Physikprofilschüler Forschungsgebiete der HSU. Etwa alternative Kraftstoffe, Hochleistungselektronik oder Elektromobilität, die an diesem Vormittag tatsächlich auch erfahren werden kann. Oder eben das Thema „Mensch-Maschinenhybride“, auf das sich Weidner spezialisiert hat: „Wir wollen die Fähigkeiten des Menschen und der Maschine gleichzeitig nutzen.“ Der Mensch denkt mit und kann selbst entscheiden. Die Maschine hat Ausdauer, Kraft und Präzision. Wenn man beides in einem System zusammenführt, wäre das doch ein Gewinn, oder? „Bestimmt habt ihr ethische Bedenken“, wendet sich Laborleiter Tobias Redlich an die Schüler.
Ethikstunde im Laboratorium
Kassandra nickt: Es könnten sich ja Systemfehler einschleichen. „Und dann kann man nicht mehr so arbeiten, wie man will.“ Christopher befürchtet, dass die Kraft der Maschinen missbraucht werden könnte und führt die Verwendung von Exoskeletten, Außenskelette im militärischen Bereich, an. Vor allem werde dem Menschen das Denken abgenommen und seine Fähigkeiten könnten verkümmern, gibt Moritz zu bedenken. Genau solche Fragen sind auch Gegenstand der Forschung, unterstreicht Redlich. „Wir wollen da unterstützen, wo der Mensch nicht so stark ist, tausendmal die gleiche Bewegung auszuführen beispielsweise“, so der promovierte Ingenieur. „Aber wir müssen die Folgen immer mit bedenken.“
Ein weites Feld
Forschung ist weit, ergebnisoffen, spannend. Und manchmal ganz schön mühsam. Das lernen die Schüler an diesem Vormittag. Für ihre zweite Erkundungstour haben sich Kassandra und Moritz das Thema „Das Handy zum Ausdrucken“ am Institut für Automatisierungstechnik ausgesucht. Ingenieur Danny Lehmann stellt vor, wie elektronische Bauteile, Widerstände, Spulen oder Kondensatoren im herkömmlichen Siebdruckverfahren hergestellt werden und wie aufwändig es da ist, selbst kleine Änderungen vorzunehmen. „Ein Inkjet-Druck funktioniert dagegen berührungslos, dreidimensional und digital. Das hat den Vorteil, dass man sehr schnell die Daten austauschen kann.“
Im Visier
Aber wenn es so viele Vorteile gibt, warum nutzt man denn noch das herkömmliche Verfahren, möchte Kassandra wissen. „Der neue Prozess ist noch nicht so ausgereift“, sagt Lehmann. Sein Kollege Andreas Rathjen setzt noch einen drauf: „Ein Handy haben wir noch nicht gedruckt und das kann auch noch sehr lange dauern.“ Kassandra ist ein wenig enttäuscht, das habe in der Ankündigung anders geklungen. „Die Vision ist in unseren Skizzen immer mit drin“, erklärt Professor Thomas Klassen, der die Unterrichtseinheit „Forschung im Maschinenbau“ zum zweiten Mal mit Profilschülern durchführt, Mitte des Monats auch wieder mit Schülern des Marion Dönhoff Gymnasiums. „Aber der Weg dahin ist weit und die Mitarbeiter arbeiten Jahre daran, um einen Schritt weiter zu kommen.“
Rendezvous mit der Löthilfe
Für den Professor für Werkstofftechnik ist auch der kleinste Schritt ein Fortschritt, für den sich die aufwändige Forschung lohne. „Es geht voran, und bei der druckbaren Elektronik sind wir sogar schon ziemlich weit – auch wenn es noch viel zu tun gibt.“ Viel zu tun für Nachwuchswissenschaftler wie Andreas Rathjen oder die Studienanfänger, die vielleicht auch demnächst vom Lise-Meitner-Gymnasium an die HSU wechseln. Anika Vogel hat den umgekehrten Weg gewählt und als promovierte Physikerin an die Schule gewechselt: „Forschung heißt, erst mal klappt gar nichts – sonst wäre es ja keine Forschung, sondern schon etabliert. Das war für mich nicht das Richtige.“ Dafür hat die Physiklehrerin ihre „Löthilfe“ aus Promotionszeiten wieder getroffen: Es ist Andreas Rathjen. Die Forschung ist weit, die Welt manchmal klein…