Erfolgsversprechend: ein unscheinbares Pulver mit viel Potenzial
16.04.2012MOFs in der Mache: Für ihre Promotion im Institut für Anorganische und Angewandte Chemie synthetisiert Diplomchemikerin Daniela Frahm poröse Feststoffe, die Methan und Wasserstoff speichern können. Das unscheinbare, vorwiegend blaue Pulver nennt sich kurz MOF, lang „Metal-Organic Frameworks“, und wenn es eines Tages gelingt, Strukturen zu erzeugen, die große Mengen Wasserstoff speichern können, hätten wir das „MOF, das die Welt rettet“. So die Hoffnung der Grundlagenforscherin, die für ihre Doktorarbeit immer neue Pulver erzeugt, deren Eigenschaften bestimmt und die Architektur der Poren sichtbar macht. Im Gespräch mit der NAT erläutert die 27-Jährige, was sie auf das Thema gebracht hat.
NAT: Mit welcher Motivation haben Sie sich für das Chemiestudium entschieden?
Chemie hat mir schon in der Schule sehr viel Spaß gemacht und ich wollte einfach mehr darüber wissen. Woraus besteht die Welt? Wie ist Materie aufgebaut? Das erfasst man mit dem puren Auge nicht. Zudem bin ich immer schon sehr naturwissenschaftlich ausgerichtet gewesen.
NAT: Dann hatten Sie in der Schule einen Chemieleistungskurs belegt?
Nein, der ist leider nicht zustande gekommen. Ich hatte nur den Grundkurs. Aber jeder bekommt hier die Chance alles zu verstehen, selbst wenn man gar keinen Chemieunterricht in der Oberstufe hatte. Man muss sich allerdings schon ordentlich hinsetzen und lernen. Auch in den Semesterferien!
NAT: Das klingt anstrengend…
Ja, für mich war das wie ein Sprung ins kalte Wasser. Als ich hier anfing, konnte ich mir unter einem Chemiestudium nicht wirklich etwas vorstellen. Und während ich als Schülerin nachmittags viel Freiraum hatte, war ich nun von acht bis achtzehn Uhr beschäftigt: vormittags Grundlagenvorlesungen, nachmittags Labor. Man lernt viel zu stehen und geduldig zu sein.
NAT: Gab es einen Punkt, wo Sie aussteigen wollten?
Ja, im ersten Semester dachte ich, ich schaffe es nicht, ich habe einen zu großen Rückstand. Aber ich habe dann doch gemerkt, dass es den anderen ähnlich geht. Und weil ich ehrgeizig bin, wollte ich auch nicht so schnell aufgeben. Nach zwei, drei Semestern ist es dann auch besser geworden.
NAT: Und inzwischen sind sie diplomierte Chemikerin, Doktorandin und Grundlagenforscherin – mit gerade mal 27 Jahren. Wie haben Sie das so schnell geschafft?
Wenn man dranbleibt, sich wirklich hinsetzt, Willensstärke beweist, ist das zu schaffen.
NAT: Wie sind Sie auf das Thema Energiespeicherung gekommen?
Zum Studium gehören viele Praktika. Am Anfang sind das Saalpraktika, so wie wir sie mit den Oberstufenschülern durchgeführt haben. Hat man diese Grundpraktika bestanden, sucht man sich Doktoranden in den jeweiligen Arbeitskreisen und arbeitet mit ihnen mehrere Wochen zusammen. So habe ich auch den Arbeitskreis von Professor Fröba kennen gelernt. Das Thema fand ich spannend.
NaT: Was fasziniert Sie an den MOFs?
Das Potenzial, das in dem Material steckt. Man sieht dem unscheinbaren Pulver nicht an, dass schon ganz kleine Mengen davon ungeheuer viel Energie speichern können. Es ist zudem ein sehr anwendungsbezogenes und aktuelles Thema.
NaT: Den aktuellen Bezug vermitteln Sie auch den Chemieprofilschülern. Wie ist der erste Durchgang gelaufen?
Insgesamt gut, wenn man es auch sicher noch besser machen kann. So sollten die Schülergruppen wirklich zwei Tage Zeit mitbringen, damit sie einen umfassenden Einblick in das wissenschaftliche Arbeiten bekommen. Und wir müssen das auch noch strukturierter planen: Es geht nicht nur um die Versuche, sondern auch um die Vor- und Nachbereitung.
NaT: Sie wollen echte Forschung mit vorbereiteten und längst erprobten Versuchen vermitteln. Wie geht das?
Wir können natürlich nur einen kleinen Einblick in unseren Alltag geben. Aber neben den eigentlichen Versuchen steht auch der persönliche Austausch. Alle Schüler, auch die, die nicht so interessiert an der Chemie waren, haben uns zurückgemeldet, dass sie die Präsentation meiner Forschungsarbeit interessant fanden. Ich hatte dazu ein paar Folien vorbereitet und mein Vorgehen bei der Konstruktion der MOFs erläutert.
NaT: Und was würden Sie den Interessierteren mit auf den Weg geben?
Dass Neugier, Geduld und Durchhaltewillen im Chemiestudium mehr zählen als das Vorwissen. Viele Schüler denken ja, dass Chemie das Fach mit den vielen bunten und aufregenden Effekten ist. Aber es kann auch langweilig sein, wenn man nur die Geräte anwirft, die dann Messergebnisse ausrechnen. Und die Dinge laufen nicht immer so, wie man es erwartet. 99 Prozent der MOFs, die ich erzeuge, sind mittelmäßig. Also mache ich weiter und suche nach dem MOF, das mehr Gas bei weniger Kühlung binden kann – und das vielleicht einmal die Welt rettet.