Den Regen hinters Licht führen
31.07.2012Im Institut für Laser-Physik der Universität Hamburg koordiniert Thomas Garl das Programm „Light and Schools“, das in Kooperation mit Schulen Unterrichtseinheiten zu den Themen Licht, Laser und Optik anbietet. Im Gespräch mit der NAT erläutert der promovierte Physiker die Beweggründe des Instituts und was er selbst gerne bewegen will.
NAT: Aber Sie sind nicht in die Forschung, sondern ins Schülerlabor gegangen. Wie kam es dazu?
Ich habe Physik studiert und hier im Institut für Laser-Physik bei Professor Sengstock meine Diplomarbeit geschrieben. Für die Promotion bin ich nach Paris gegangen und habe dort ebenfalls an Lasern gearbeitet, wenn auch an anderen Themen. Nach meiner Rückkehr arbeitete ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Center for Free-Electron Laser Science, kurz CFEL. Gleichzeitig war ich schon immer an Lehre interessiert und könnte mir auch vorstellen, Physik zu unterrichten. Und genau zu dieser Überlegung passte diese Stelle hier: Es ist eine Verbindung zwischen Wissenschaft und Schule, die mir sehr viel Spaß macht.
NAT: Was hat Sie am Lehrberuf gereizt?
Ich komme aus einer Lehrerfamilie, wir sind fünf Garls und vier davon sind Lehrer, also alle anderen. Ich vermittle gerne und habe mein Leben lang Nachhilfe gegeben. Ich denke, aus meiner Erfahrung in unterschiedlichen Ländern und Projekten kann ich den Schülern ganz gut etwas weitergeben. Das ist ja auch ein Effekt des Schülerlabors: Die Betreuer und Doktoranden vermitteln nebenbei, wie Forschung und Wissenschaft funktioniert – und was man mit Physik so alles machen kann.
NAT: Das war die Grundidee, ein Schülerlabor ins Leben zu rufen?
Angefangen hat das Ganze mit einer Kooperation des ILP mit der Sophie-Barat-Schule. Der große Erfolg dieser ersten Zusammenarbeit zeigte das Potenzial, den Physikunterricht durch außerschulische Angebote attraktiver zu machen. Im Rahmen der Landesexzellenzinitiative konnten wir dann mit der Unterstützung durch die Joachim Herz Stiftung das Angebot des Schülerlabors auf die nächste Stufe bringen. – Wissen Sie, was uns Physiker so richtig nervt? Dass man mit dem Satz „Mathematik, Integrale, habe ich keine Ahnung von“ auf jeder Party gesellschaftsfähig ist, aber mit der Aussage „Faust, Goethe, wer war denn das?“ ins intellektuelle Abseits gerät. Diese Diskrepanz ist in unserer heutigen Gesellschaft nicht mehr tragbar.
NAT: Daher vermitteln Sie jetzt Schülern die Bedeutung der Lasertechnik. Was gehört noch zu Ihren Aufgaben?
Ich kontaktiere Schulen und mache das Projekt „Light and Schools“ bekannt. Das ist der Teil Öffentlichkeitsarbeit. Dann vernetzte ich mich mit anderen Schülerlaboren und Instituten. Schließlich entwickle ich mit den Doktoranden neue Versuche und Konzepte, beispielsweise aus dem Bereich Quantenphysik für die Oberstufe oder den Regensensor für die Mittelstufe: Das ist eine Plexiglasscheibe, an die ein Scheibenwischer montiert wird und in die ein Laserstrahl „eingekoppelt“ wird. Der Strahl wird nach einigen Reflexionen im Inneren der Scheibe mit einem Detektor überwacht. Wenn man jetzt mit der Sprühflasche Wasser als Regen auf die Scheibe bringt, ändern sich die physikalischen Bedingungen, ein Teil des Lichtes wird ausgekoppelt, so dass weniger am Detektor ankommt und der Scheibenwischer ausgelöst wird. Dahinter steckt das Phänomen der Totalreflexion, Thema der neunten Klasse. Ein weiterer Versuch sowohl für Ober- als auch Mittelstufe ist die optische Signalübertragung, bei der man mit Hilfe eines Laserstrahls Musik aus einem MP3-Player überträgt. Der Versuch ist technisch abgeschlossen, um die Dokumentation kümmere ich mich jetzt.
NAT: Super. Ich kann mir vorstellen, dass das sehr angenommen wird. Haben Sie überhaupt noch Kapazitäten frei?
Wir haben mittlerweile Kooperationen mit zwanzig Schulen durchgeführt, das dauert je nach Schule so zwischen einem Tag und vier Tagen. Wir haben aber durchaus noch Kapazitäten frei und arbeiten kontinuierlich an der Erweiterung unseres Angebots. Allerdings kommen wir bei 28 und mehr Personen schon an unsere Grenzen, dann müssen wir notfalls zwei Versuche in einem Raum durchführen. Ich koordiniere, wer was macht und sorge dafür, dass die Mitarbeiter hier neben den Laborführungen und der Betreuung auch noch zu ihren eigenen Projekten kommen. Aber es ist für alle eine sehr gute Übung, die eigene Forschung zu vermitteln.
NAT: Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit besonders gut?
Wenn Schüler eigene Ideen entwickeln, dann finde ich das gut. Beim letzten Mal hatten wir bei dem Versuch zur Interferometrie eine Gruppe, die hat den ganzen Tisch mit Optik vollgebaut, hat sehr schnell gearbeitet und wollte gar nicht mehr aufhören. Das fand ich super. Schließlich gehört ja zur Forschung auch ein gewisser Spieltrieb dazu. Insgesamt ist die Verbindung von Wissenschaft und Schule sehr spannend.