Chemie hoch im Kurs: Gymnasium Rahlstedt zu Besuch bei Aurubis

23.02.2015

Zuerst kommt die Wärme: „Es ist, als ob man gegen eine Wand läuft“, warnt Dennis Lanquillon. Dann der Geruch: „Für manche riecht es wie eine Schokoladenfabrik, für andere eklig, das ist auf jeden Fall nicht schädlich.“ Schließlich die Weite: Die Schüler schauen in eine riesige Halle auf endlose Reihen von Wannen, gefüllt mit unzähligen Metallplatten, die in einer türkisfarbenen Lösung baden. Nur den Lärm von den Sortier- und Reinigungsanlagen nehmen sie kaum wahr. Dafür die Stimme ihres Guides über Kopfhörer: „Willkommen in der Elwo“, sagt Lanquillon. Er ist Ausbilder bei der Aurubis AG, Busfahrer und Besucherguide in einem. An diesem strahlenden Februartag fährt und führt er Chemieschüler vom Gymnasium Rahlstedt über das Gelände der Kupferhütte mit eigenen Kanalbrücken und Ampelschaltungen bis in die Kupferelektrolyse Werk Ost, kurz Elwo.

Die Riesenversion vom Schulversuch

Das Prinzip der Elektrolyse ist für die Rahlstedter nichts Neues, die Dimension aber schon: Statt wie im Schulversuch mit Kupferchlorid und zwei abgenutzten Metallplatten hängen in der Elwo dicht an dicht Anoden- und Kathodenplatten unter Starkstrom in einem Bad aus Kupfersulfat und verdünnter Schwefelsäure. Um die Wärme zu halten, rollen Arbeiter Matten über die Wannen – und bewegen sich dabei wie selbstverständlich über ein stark magnetisches Feld. „Das ist nur für Menschen mit Herzschrittmachern gefährlich. Daher hatte ich euch danach gefragt“, sagt Lanquillon. Die Botschaft ist schon angekommen, als sich die Elftklässler am Werkstor mit Helm, Brille und orangefarbenem Schutzmantel ausstatteten: Aurubis ist ein Industrieunternehmen und Sicherheit wird groß geschrieben.

Chemie hoch im Kurs
Chemie hoch im Kurs
Chemie hoch im Kurs

Die Zeiten ändern sich

Vorbei die Zeiten, als die Arbeiter unter den feucht-warmen Bedingungen der Elektrolyse noch mit freiem Oberkörper und Holzschuhen tätig waren. So wie die Halle selbst, Ende der achtziger Jahre gebaut, auch nicht mehr den Titel „größtes freistehendes Dach“ Europas tragen darf. Die Superlative liegen bei Aurubis längst woanders: bei den Produktionsmengen, dem Wert des Kupfers und der Reinheit der erzeugten Metalle. „In der Elektrolytflüssigkeit wandert der Kupfer zur Kathode und wird durch Strom abgeschieden. Jetzt ist der Kupfer zu 99,995 Prozent rein“, betont der Guide. Auch wenn die Schüler an dieser Stelle die Euphorie zumindest nicht sichtlich teilen, eine begeisterte Anhängerin hat Lanquillon gewonnen: „Was gibt es in Hamburg Größeres, das mit meinem Fach zu tun hat, als dies hier“, schwärmt Lehrerin Beate Cain.

Gymnasium Rahlstedt und Aurubis in Kooperation

Schon mehrmals hatte die Fachleiterin für Chemie beim Kupferwerk eine Schülerführung angefragt. Und nun, ein paar Monate, nachdem das Gymnasium Rahlstedt im August 2014 einen Kooperationsvertrag mit der Aurubis AG unterschrieben hat, öffnen sich die Werkstore. Ausbilder Lanquillon führt auch in die Berufschancen ein, betont die Wichtigkeit der Selbstmotivation und macht die Dimension als größter Kupferrecycler weltweit mit rund 6.500 Mitarbeitern und einer Million Tonnen Kupferkathoden im Jahr deutlich. „Ein Kilo Kupferdraht kostet 10 Euro. Was kostet dann dieser Coil hier von knapp 5 Tonnen?“, prüft Lanquillon die Mathekenntnisse, als er mit den Schülern vor einer Spule aufgerollten Kupferdraht stehen bleibt.

Rotes Gold, weites Feld

50.000 Euro ist noch eine der kleineren Summen, die an diesem Tag fallen: „Ich finde es ziemlich gewaltig“, sagt Sophie, „die großen Hallen, die ganzen Stapel, die Kosten. Das ist beeindruckend.“ Ihre Mitschülerin Rosa konnte der Führung gut folgen: „Ich habe ziemlich viel aus dem Chemieunterricht wiedergefunden, das Thema Oxidation und Elektrolyse beispielsweise.“ Es sei interessant, das einmal in der Realität gesehen zu haben, ergänzt Charlotte. Auch wenn zum Realitäts-Check gehört, dass man nicht in jede Halle hineinschauen kann: Vor der Halle, in der Kupfer für die Elektrolyse in Anoden gegossen wird, leuchtet eine rote Ampel. „Da können wir jetzt nicht hinein“, so Lanquillon. Beate Cain tröstet sich mit schwarzen Schotterbergen und glänzenden Kupferstapeln. „Wie schön das im Sonnenlicht aussieht.“ Nichts anderes bedeutet „aurum rubrum“, hatten die Lateiner unter den Chemieschülern mit etwas Nachhilfe aus dem Firmennamen abgeleitet: rotes Gold!

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